Erfindung des Konfirmanden-Unterrichtes
Die Schule ist Pflicht, der Konfirmandenunterricht nicht. So ist es heute. Als der Konfirmandenunterricht eingeführt wurde, war das genau umgekehrt.
Am Anfang war... ein Ketzerproblem
Landgraf Philipp von Hessen hatte gerade den evangelischen Glauben in Hessen eingeführt, als sich die so genannten "Wiedertäufer" ausbreiteten. Die evangelischen und katholischen Herrscher waren sich einig: Das sind gefährliche Ketzer! Überall drohte den Täufern Verfolgung und Todesstrafe. Nur nicht in Hessen: Landgraf Philipp wollte ihre "Irrlehren" ohne Gewalt überwinden.
Konfirmation anstatt Erwachsenentaufe
Die Täufer waren der Meinung, dass nur Erwachsene getauft werden dürften. Sie glaubten, dass die Taufe eine persönliche Glaubensentscheidung voraussetzt. Dies können Neugeborene natürlich nicht.
Andererseits war es damals unvorstellbar, dass ein Kleinkind nicht getauft werden sollte. Dies lag daran, dass viele Menschen schon als Kinder oder Säuglinge starben. Daher sah man in der Kindertaufe eine Notwendigkeit, um dem Menschen so früh wie möglich den Weg zu Gott zu ebnen.
So bemühte sich Philipp der Großmütige um einen Kompromiss. Er holte den Reformator Martin Bucer als Berater nach Hessen. Bucer nahm den Gedanken der Täufer auf, dass die "Kirchenzucht", also die Erziehung der christlichen Gemeindeglieder, ernster genommen werden muss. Die Taufe sollte allerdings weiterhin direkt nach der Geburt stattfinden. Doch als Jugendliche sollten die Getauften in einem feierlichen Akt das Taufbekenntnis, das ihre Eltern und Paten stellvertretend für sie gesprochen haben, bestätigen. Damit hatte Martin Bucer die Konfirmation erfunden. Zuvor erhielten die Mädchen und Jungen vom Pfarrer eine "Unterweisung im Glauben", den Konfirmandenunterricht.
Lesen und schreiben lernen im Konfirmanden-Unterricht
Verbindlichen Unterricht für jeden hatte es vorher noch nie gegeben. Im Konfirmanden-Unterricht lernten die Schüler anhand der Bibel lesen. Auch die Grundlagen des evangelischen Glaubens, der Katechismus, wurden durchgenommen und christliche Gebete und Lieder einstudiert. Später wurde das Gelernte abgefragt.
Philipp der Großmütige ließ den Konfirmandenunterricht in ganz Hessen einführen und wahrscheinlich besuchten ihn auch die meisten Kinder. Eine Schulpflicht gab es noch nicht und die hessischen Kinder lernten in der Kirche lesen und schreiben.
Sachsen, Württemberg und andere evangelische Territorien lehnten die Konfirmation zunächst wegen ihrer Nähe zur katholischen Firmung ab und beließen es bei einer Katechismusprüfung. Im 18. Jahrhundert aber übernahmen fast alle deutschen Landeskirchen die hessische Konfirmation, die dann auch außerhalb Deutschlands Verbreitung fand.
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